
KI-Workflow für Unternehmen: Wie Künstliche Intelligenz auch mit wenig Daten funktioniert
KI braucht Daten, viele Daten. ChatGPT wird mit Milliarden von Texten trainiert. Bild-KIs wie Midjourney greifen auf Millionen von Fotos zurück. Und in autonom fahrenden Autos strömen riesige Mengen an Sensorinformationen zusammen. Doch was, wenn die Realität anders aussieht? Wenn Unternehmen keine Datenberge haben, sondern nur wenige Versuche, ein paar Messwerte und etwas Erfahrungswissen? Ist Künstliche Intelligenz dann sinnlos? Genau hier setzt das it’s OWL Projekt AI4ScaDa an. Der Name steht für: Artificial Intelligence for Scarce Data, also KI für knappe Datenlagen. Und es zeigt: Auch mit wenig Daten, aber klarer Struktur und gezieltem Vorgehen lassen sich erstaunliche Erkenntnisse gewinnen. Vor allem dann, wenn Fachwissen nicht ersetzt, sondern eingebunden wird.
Ob im Labor, in der Kultivierung oder in der Fertigung: Viele Prozesse liefern schlicht zu wenig Daten für klassische KI-Verfahren. Die Modelle sind groß, die Anforderungen hoch, der Nutzen für kleinere Unternehmen oft gering. Hier setzt AI4ScaDa an. Das Ziel: Unternehmen in die Lage zu versetzen, mit gezielten Experimenten und einem durchdachten KI-Workflow auch aus kleinen Datensätzen zu lernen und dabei sogar Expert:innenwissen systematisch zu sichern.
Das Herzstück des Projekts ist eine Software, die den gesamten Prozess von der Versuchsplanung über die Modellierung bis hin zum aktiven Lernen begleitet.
„Wir wollten ein Werkzeug entwickeln, das nicht nur für KI-Expert:innen nutzbar ist, sondern ganz bewusst für kleine Unternehmen mit begrenzten Ressourcen“, sagt Julian Bültemeier, Projektpartner von der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. „Die Bedienbarkeit war uns genauso wichtig wie die methodische Tiefe.“
Wenn Erfahrung zur Datenquelle wird
Ein gutes Beispiel liefert die Pflanzenanzucht. Hier geht es oft um die Frage: Wann lohnt sich mehr Licht? Klassische Experimente kosten Zeit, Ressourcen und Material. Das Modell von AI4ScaDa hilft dabei, mit wenigen gezielten Versuchen herauszufinden, wann sich eine weitere Intensivierung nicht mehr lohnt. Dabei bleiben die Entscheidungen für die Anwender:innen nachvollziehbar. Statt Statistik-Chaos gibt es einen Entscheidungsbaum, der zeigt, was warum passiert.
Ein zweiter Anwendungsfall: das Bewahren von Expertenwissen. In vielen Unternehmen droht durch den demografischen Wandel ein Verlust von Prozess-Know-how. AI4ScaDa schafft hier eine Brücke. Erfahrene Mitarbeitende definieren typische Parameter und bewerten Versuchsergebnisse. Diese werden im Modell abgebildet, der Entscheidungsbaum speichert ihr Wissen für künftige Generationen.
„In dem nächsten Jahrzehnt gehen ca. 7,3 Millionen Beschäftigte in Rente. Dadurch verschwindet oft auch ein großer Teil des Prozesswissen“, sagt Marvin Schöne, Projektkoordinator von der Hochschule Bielefeld. „Mit AI4ScaDa haben wir einen Workflow geschaffen, um dieses Wissen systematisch zu erfassen und für die nächste Generation verfügbar zu machen.“

Vom Versuch zur Vorhersage: So lernt die KI Schritt für Schritt
Technisch basiert der Workflow auf GUIDE-Entscheidungsbäumen, einer speziellen Form von Entscheidungsbäumen, die mithilfe statistischer Tests besonders robuste und leicht interpretierbare Modelle erzeugen, ideal für kleine und unvollständige Datensätze. Statt mathematischer Blackbox liefern sie nachvollziehbare Regeln: „Wenn die Temperatur über 240 Grad und die Zeit unter 10 Minuten ist, dann…“.
Ergänzt wird das Ganze durch Active Learning, bei dem gezielt neue, besonders aufschlussreiche Datenpunkte vorgeschlagen werden. So wird das Modell stückweise besser, ohne dass tausende Beispiele nötig wären.
Ein weiterer Clou ist die zugrundeliegende Versuchsplanung, mit der sich ein initialer, aussagekräftiger Trainingsdatensatz erzeugen lässt. Statt auf Zufall zu setzen, sorgt ein ausgeklügeltes Verfahren dafür, dass möglichst viele relevante Kombinationen von Einflussgrößen effizient getestet werden. So wird der Eingangstraum optimal abgedeckt, auch bei begrenzter Zeit und Material.
Eine KI für den Mittelstand?
Mit AI4ScaDa steht Unternehmen ein Werkzeug zur Verfügung, das vor allem eins ist: realistisch. Es holt Betriebe dort ab, wo sie stehen, ermöglicht kleine Schritte mit großer Wirkung und macht aus dem Bauchgefühl eine datenbasierte Entscheidungsgrundlage.
„Nicht jede Herausforderung in einem Unternehmen lässt sich schnell mit ChatGPT lösen“, betont Marvin Schöne. „Eine KI wie ChatGPT ist zwar beeindruckend, aber sie arbeitet mit vorhandenen Mustern und riesigen Datenmengen. In der Industrie haben wir es oft mit wenigen, aber dafür besonders relevanten Datenpunkten zu tun, etwa aus Versuchen, Maschinen oder menschlicher Erfahrung. Unsere KI kann genau damit umgehen: Sie lernt aus wenig, aber gezielt erhobenen Daten und bindet das Wissen von Fachleuten direkt ein. Das macht sie präzise, erklärbar und für den betrieblichen Alltag extrem wertvoll“, sagt Marvin Schöne.
Das Projekt AI4ScaDa zeige, dass Künstliche Intelligenz nicht zwangsläufig große Datenmengen benötigt. Mit intelligenter Versuchsplanung, interpretierbaren Modellen und gezieltem aktiven Lernen könne auch in datenarmen Umgebungen ein echter Mehrwert geschaffen werden, von der nachhaltigen Ressourcennutzung bis zur Sicherung von Expert:innenwissen.
„Dank der intuitiven Softwarelösung und den praxisnahen Methoden ist der Einstieg für Unternehmen leicht. Der KI-Workflow ist nicht nur ein technischer Fortschritt, sondern auch ein Werkzeug zur Zukunftssicherung im Mittelstand“, sagt Julian Bültemeier.
Nutzen Sie den KI-Workflow
Unternehmen, die tiefer einsteigen möchten, finden den vollständigen KI-Workflow von AI4ScaDa auf der it’s OWL Innovationsplattform. Dort lässt sich Schritt für Schritt nachvollziehen, wie die Software funktioniert. Ein ideales Werkzeug, um eigene Potenziale zu erkennen und erste Ideen für den Einsatz im eigenen Betrieb zu entwickeln.