
Nexus-Metamodell: So wird Nachhaltigkeit schon in der Entwicklung messbar
Mit der zunehmenden technologischen Weiterentwicklung von Produkten und Dienstleistungen wächst auch die Vielfalt und Menge von Daten im Engineering. Als unaufhaltsamer und weltweiter Trend ist es dabei immer wichtiger diese Entwicklung aus einer nachhaltigen Perspektive zu betrachten. Für die nachhaltige Entwicklung von technischen Systemen können dabei immense Potentiale erschlossen werden, vorausgesetzt die erzeugten Daten werden an geeigneter Stelle verwendet. Das neue Nexus-Metamodell des it’s OWL-Projekts Sustainable Lifecycle Engineering (SLE) unterstützt Systems Engineers bei der Modellierung von datengestützten Systemmodellen. Dadurch lassen sich Daten mit Bezug zu Nachhaltigkeit bereits sehr früh im Engineering berücksichtigen und koordinieren.
Ein Metamodel ist ein eigenes abstraktes Modell, welches Struktur, Sprache und Regeln vorgibt, nach dem andere Modelle in einem bestimmten Kontext erstellt werden können. Im Rahmen eines wissenschaftlichen Beitrags konnte das Nexus-Metamodell international erfolgreich vorgestellt werden. Es beschreibt wesentliche Bestandteile eines datengestützten Systemmodells, welches im Rahmen des SLE-Projekts im Kontext von Nachhaltigkeit entwickelt wird.
„Nachhaltigkeit ist heute ein stark datengestütztes Problem. Mithilfe von datengestützten Systemmodellen, lassen sich Daten aus dem Systemlebenszyklus konsolidieren und in frühe Entscheidungsprozesse einbinden“, sagt Denis Tissen, Projektleiter Advanced Systems Engineering des Heinz Nixdorf Instituts.
Datengestütztes Model-based Systems Engineering als nächster Schritt in der modernen Produktentwicklung
Technologien wie autonome Autos, Drohnen und kollaborative Roboter werden immer komplexer: Sie reagieren in Echtzeit auf ihre Umgebung, sammeln große Datenmengen aus Sensoren, Mikrocontrollern und Cloud‑Diensten und müssen während ihres gesamten Lebenszyklus zuverlässig funktionieren. Klassische Entwicklungsansätze mit festen Annahmen zeigen hier deutliche Schwächen auf und schaffen es nicht diesem Wandel gerecht zu werden. „Darunter leidet einerseits die Qualität der Systeme und wiederrum auch deren nachhaltige Entwicklung“, sagt Tissen.
Data‑Driven Model‑Based Systems Engineering (DDMBSE) verknüpft digitale Systemmodelle mit laufend einströmenden Betriebsdaten. So bleibt das Systemmodell nicht statisch, sondern passt sich kontinuierlich an, optimiert Leistungskennzahlen und zeigt neue Anwendungsmöglichkeiten auf – bereits ab der Konzeptphase und über den gesamten Lebenszyklus des Systems hinweg.

Die Basis des Metamodells: Das Nexus-Modell
Der sogenannte Nexus‑Modell des DDMBSE erweitert das klassische MBSE‑Dreieck um eine konsequent datenorientierte Perspektive. Neben Modellierungsmethode, -sprache und -werkzeug treten drei zusätzliche Säulen hinzu: eine Datenanalysemethode z.B. wie CRISP‑DM oder KI‑Verfahren, eine Analysesprache wie z.B. Python oder R sowie ein Analysewerkzeug wie z.B. KNIME. Auf Grundlage der verfügbaren Daten entsteht so ein Analysemodell, das via standardisierte Schnittstellen und Datenpipelines eng mit dem Systemmodell gekoppelt ist. Analyseergebnisse fließen unmittelbar zurück, wodurch sich das Modell fortlaufend anpasst und weiterentwickelt.
„Derzeit sind Modellierungs‑ und Analysewerkzeuge noch getrennt, doch künftige Plattformen werden beide Welten zusammenführen; ebenso werden domänenspezifische Methoden schrittweise mit DDMBSE‑Ansätzen verschmelzen“, so Tissen. Ein datengetriebenes Systemmodell umfasst somit das Systemmodell selbst, das Analysemodell sowie die verbindenden Schnittstellen und Datenpipelines.
Das Nexus-Metamodell als Leitfaden in der Entwicklung
Das Nexus-Metamodell verbindet System, Daten und datenbasierte Modell‑ und Analyseprozesse in einem geschlossenen Regelkreis. Ein System verfolgt einen Zweck und erzeugt dabei Daten, die ein datengetriebenes Systemmodell speisen. Dieses besteht aus einem Abbild des Systems und einem Analysemodell, das die Daten auswertet, Muster erkennt und das Systemmodell fortlaufend anpasst – so optimieren und entwickeln sich Modell und System kontinuierlich.
Struktur und Funktion eines technischen Systems sind durch Elemente, Beziehungen und eine Systemgrenze definiert. Stakeholder‑Belange prägen Zweck, Architektur und Verhalten, während Schnittstellen den Austausch mit der Umgebung ermöglichen. Über den Lebenszyklus hinweg verändern sich Zustände und Verhaltensweisen in Reaktion auf neue Anforderungen und Umweltbedingungen.
Daten kommen dabei aus vielfältigen Quellen, werden in verschiedenen Formaten gespeichert und durch Metadaten kontextualisiert. Durch eine Analyse lassen sich Information und schließlich Wissen ableiten, dass für Entscheidungen verwendet wird und neue Datenprozesse anstößt. Teilmodelle bündeln im Systemmodell spezifische Sichten, während formalisierende Konzepte Kohärenz sichern. Das Analysemodell nutzt eine mehrstufige Datenpipeline, um Rohdaten zu bereinigen, Algorithmen anzuwenden und prognostische Erkenntnisse zu liefern. So entsteht ein adaptives Gefüge, das technische und digitale Veränderungen aufgreift und den Systemzweck immer präziser erfüllt.
Ergebnisse aus Forschung und Praxis
Das Nexus-Metamodell basiert auf Experteninterviews, einer Literaturrecherche sowie einem iterativen Modellierungsprozess mit mehrfachen Workshops und Expertenreviews. Dadurch soll eine praxisnahe Basis sichergestellt werden, Daten für ihre MBSE-Modelle zielgerichtet zu verwenden.
Wichtiges Werkzeug für nachhaltige Produktentwicklung
Das Projekt SLE wird vom Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert und vom Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik (IEM), dem Wuppertal Institut und dem Heinz Nixdorf Institut mit den Industriepartnern Miele & Cie., Siemens, Diebold Nixdorf, Harting und Wago umgesetzt.
Mit dem Nexus-Metamodell liefert das Projekt einen entscheidenden Beitrag zur nachhaltigen Produktentwicklung. Für Unternehmen, die Nachhaltigkeit und Daten von Anfang an in ihre Entwicklungsprozesse integrieren möchten, ist das Nexus-Metamodell eine entscheidende Hilfestellung.