
Treibhausgase in der Industrie verringern: it’s OWL Projekt bringt Carbon-Footprint-Trackingsystem hervor
Die Reduktion von Treibhausgasen zugunsten von Umwelt und Klima gehört zu den drängendsten Herausforderungen der Industrie. Noch sind geeignete Maßnahmen, die die gesamte Wertschöpfungskette abdecken, allerdings mit hohen Kosten verbunden. Weil Produktions-, Energie- und Informationstechnik aufeinander abgestimmt werden müssen, kommt es zu Wechselwirkungen, die sich auf die Identifikation und den Preis der Maßnahmen auswirken. Im it’s OWL-Projekt „Climate bOWL“ („Climate neutral Business in Ostwestfalen-Lippe“) haben Partner:innen aus Wissenschaft und Wirtschaft jetzt ein intelligentes Assistenzsystem zur Reduktion von Treibhausgasemissionen entwickelt. Das Forschungsprojekt mit einem Gesamtvolumen von rund 3,16 Millionen Euro wurde nach dreijähriger Laufzeit Ende März abgeschlossen. Das Ergebnis ist ein produktspezifisches Carbon-Footprint-Trackingsystem, das Unternehmen durch eine automatisierte Datenverarbeitung Aufschluss über ihre Emissionen gibt und die Transparenz erhöht.
Treibhausgasemissionen fallen entlang der gesamten Wertschöpfungskette in der industriellen Produktion an. Um CO2-Emissionen zu reduzieren, ist es zunächst notwendig, deren Quellen zu identifizieren. Aufgrund der Wechselwirkungen verschiedener Industriebereiche und Produktionsprozesse ist dieser Schritt jedoch komplex und kostenintensiv. Auf dem Weg zur Klimaneutralität bedarf es deshalb einer ganzheitlichen Herangehensweise, die eine präzise Bewertung der Treibhausgasemissionen gewährleistet. Dieser Herausforderung nahm sich das interdisziplinäre Projektteam von „Climate bOWL“ an.
„Als Projektergebnis ist ein produktspezifisches Carbon-Footprint-Trackingsystem entstanden, das Wissen durch eine konsistente, automatische und ortsunabhängige Datenverwaltung generiert. Darauf aufbauend haben wir die assistierte Entwicklung von Klimaschutz- und Energieeffizienzmaßnahmen durch ein Unterstützungssystem umgesetzt, das Treibhausgasemissionen ihren Verbrauchern auf Basis von Energie- und Stoffstromdaten zuordnet. So können Energieeffizienzpotenziale erkannt und Vermeidungsmöglichkeiten ermittelt werden“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Henning Meschede, wissenschaftlicher Leiter des Projekts sowie Professor für Energiesystemtechnik an der Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik der Universität Paderborn.
Keine vergleichbare andere Lösung: Die Besonderheit des Carbon-Footprint-Trackingsystems
„Ein wesentlicher Fortschritt ist es, diese Informationen transparent für jedes Produkt und alle beteiligten Akteure abzubilden“, so Prof. Meschede weiter. Gegenwärtig existiere keine vergleichbare Lösung, auch im Hinblick auf die assistierte Ableitung geeigneter Maßnahmen entlang der Wertschöpfungskette.
„Das Unterstützungssystem, das wir im Projekt entwickelt haben, schließt diese Lücke und hilft Unternehmen dabei, Klimaziele mithilfe gezielter Effizienzmaßnahmen zu erreichen. Klimaneutralität kann nur erzielt werden, wenn Unternehmen nicht auf Kompensation, sondern auf reale Vermeidung von Treibhausgasemissionen setzen“, fasst Prof. Meschede zusammen.

Ein interdisziplinärer Ansatz für mehr Klimaschutz
Das Besondere an Climate bOWL: Die Lösung vereint Kompetenzen aus Produktions-, Energie- und Informationstechnik der Universitäten Bielefeld und Paderborn. In sechs Arbeitspaketen wurde ein System konzipiert und erprobt, das alle relevanten Daten zum CO₂-Fußabdruck eines Produkts sammelt, auswertet und konkrete Handlungsempfehlungen ableitet – alles weitgehend automatisiert.
Wesentliche Bestandteile des Projekts waren:
- Die Entwicklung eines PCF-Trackingtools mit robustem Datenmodell
- Die Konzeption eines digitalen Moduls zur Identifikation und Bewertung von THGE-Reduktionsmaßnahmen
- Die Integration aller Komponenten in ein nutzerfreundliches Assistenzsystem
- Die praxisnahe Validierung bei den Industriepartnern Miele und GEA
Praxistauglich und anschlussfähig
Ein besonderer Erfolg des Projekts liegt in seiner Umsetzungsnähe: Der entwickelte Prototyp besteht aus modularen, interoperablen Softwarekomponenten, die sich nahtlos in bestehende IT-Systeme – etwa SAP- oder Docker-Umgebungen – integrieren lassen. Die Evaluation anhand konkreter Anwendungsszenarien belegt die Praxistauglichkeit, Skalierbarkeit und Relevanz der Lösung für industrielle Nutzer.
Die Tests bei Miele und GEA zeigten: Das Assistenzsystem schafft nicht nur Transparenz, sondern ermöglicht auch fundierte, datengestützte Entscheidungen zur THGE-Reduktion – ein echter Mehrwert für Unternehmen, die sich zukunftsfähig aufstellen wollen.
Blick in die Zukunft: Vom Prototyp zur Marktreife
Für eine breite industrielle Nutzung müssen Themen wie Datensicherheit, Benutzerfreundlichkeit, Systemkompatibilität und Datenintegration weiter ausgebaut werden. Die Projektpartner – darunter Unternehmen wie NTT DATA Business Solutions und Phoenix Contact Smart Business – planen, genau hier anzusetzen. Die wirtschaftliche Verwertung erfolgt einerseits durch Integration der Ergebnisse in bestehende Produktportfolios, andererseits durch konkrete Umsetzungsstrategien bei den Pilotunternehmen.
Zudem wurde der Wissenstransfer aktiv gefördert – durch Publikationen, Konferenzen und Beiträge auf der Innovationsplattform des it’s OWL-Netzwerks, etwa bei Strategietagungen, Webinaren und Fachworkshops.
Digitalisierung trifft Dekarbonisierung
Mit Climate bOWL wurde ein bedeutender Schritt in Richtung klimaneutrale Industrie in Ostwestfalen-Lippe gemacht. Das Projekt steht exemplarisch für den Wandel zu digital unterstützten, nachhaltigen Produktionsweisen und zeigt, wie interdisziplinäre Forschung, wirtschaftliche Praxis und politische Förderung erfolgreich zusammenspielen können.
Der Weg zur klimaneutralen Wirtschaft ist komplex – doch mit digitalen Tools wie dem Climate bOWL-Assistenzsystem wird er nicht nur transparenter, sondern auch deutlich effizienter.
Projektpartner waren die Universität Paderborn, der SICP – Software Innovation Campus Paderborn, die Universität Bielefeld, NTT Data Business Solutions AG, GEA Westfalia Separator Group GmbH, Miele & Cie. KG sowie die Phoenix Contact Smart Business GmbH. Zu den Förderern zählte neben dem it’s OWL Spitzencluster auch das damalige MWIDE.NRW, heute das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie Nordrhein-Westfalen (MWIKE.NRW).
Lösungen stehen anderen Unternehmen zur Verfügung
Die im Projekt entwickelten Lösungen stehen interessierten Unternehmen über die it’s OWL-Innovationsplattform zur Verfügung. Dort finden Sie auch mehr Informationen zum Carbon-Footprint-Trackingsystem.