Klimaauswirkungen früh abschätzen: Wie ein Datenmodell Nachhaltigkeit ins Engineering bringt

In der Produktentwicklung werden viele Weichen gestellt, die später schwer zu korrigieren sind. Das betrifft nicht nur Funktionen und Kosten, sondern auch den CO2-Fußabdruck. Genau hier setzt das it’s OWL Projekt ‚Sustainable Lifecycle Engineering‘ an: Mit einem interdisziplinären Datenmodell, das die Produktentwicklung von Beginn an auf Klimaziele ausrichtet.

„Unser Modell zeigt, welche Daten es gibt, wie sie miteinander verknüpft sind und an welchen Daten Nachhaltigkeitsinformationen dranhängen“, sagt Fabian Wyrwich vom Fraunhofer IEM. „Das ist die Basis für fundierte Entscheidungen.“

Warum ist das Digital Engineering Datenmodell wichtig?

Das strukturierte Digital Engineering Modell hilft, Nachhaltigkeit nicht dem Bauchgefühl zu überlassen. Es bietet eine systematische Grundlage, um ökologische Auswirkungen bereits in der frühen Produktentwicklung greifbar zu machen.

Konkret basiert das Modell auf dem RFLP-Ansatz (Requirements, Functional, Logical, Physical) und umfasst 25 Datenobjekte. Acht davon sind besonders relevant für die Nachhaltigkeitsbewertung, von der Software-Komponente über das Material bis zur Fertigungsausrüstung.

„So bekommen Entwickler:innen ein praktisches Werkzeug an die Hand, mit dem sich ökologische Auswirkungen schon in der Konzeptphase abschätzen lassen“, sagt Wyrwich.

Von Software bis Fertigung: Die relevanten Hebel

Software-Komponenten zum Beispiel wirken sich unmittelbar auf den Energieverbrauch im Betrieb aus. Eine schlank programmierte Steuerung kann den Ressourcenverbrauch signifikant senken.

Auch die Stückliste, die sogenannte Bill of Materials (BOM), spielt eine zentrale Rolle. Sie offenbart, welche Materialien verbaut werden und ermöglicht es, frühzeitig über nachhaltige Alternativen nachzudenken.

Ein weiterer Hebel liegt in der Konstruktion: Bauteile, Module und ganze Produkte entscheiden über Reparierbarkeit, Lebensdauer und die eingesetzten Fertigungsprozesse. Die Wahl des Materials wiederum ist oft ein Gamechanger: Ob biobasiert, recycelbar oder besonders energieintensiv. Sie hat direkten Einfluss auf die Umweltbilanz.

Nicht zu unterschätzen ist auch das Datenobjekt Manufacturer Part. Herkunft und Produktionsbedingungen einzelner Komponenten prägen den ökologischen Fußabdruck eines Produkts, lange bevor es überhaupt gebaut wird.

Mit Blick auf die Prozesse selbst – vom Herstellungsablauf bis zur Logistik – liefert das Modell eine strukturierte Sicht auf mögliche Stellschrauben zur CO2-Reduktion.

Besonders hilfreich ist die Übersicht über die gesamte Prozesskette, die sogenannte Bill of Processes (BOP). Sie zeigt Optimierungspotenziale auf und unterstützt gezielte Eingriffe. Und schließlich: Die eingesetzte Fertigungsausrüstung hat erheblichen Einfluss auf Energieverbrauch und Emissionen. Wer hier nachhaltig plant, kann nicht nur Kosten sparen, sondern auch Wirkung entfalten.

Die Mehrwerte des Datenmodells

Für Unternehmen, die Nachhaltigkeit strategisch in ihre Produktentwicklung integrieren wollen, bietet das Modell damit ganz praktische Vorteile. Es macht Klimaauswirkungen frühzeitig sichtbar und quantifizierbar. Es schafft eine gemeinsame Datengrundlage für interdisziplinäre Teams, von der Konstruktion bis zur Fertigung. Und es hilft, Entscheidungen nicht mehr aus dem Bauch heraus, sondern datenbasiert zu treffen.

„Unser Ziel ist es, dass Nachhaltigkeit ein integraler Bestandteil im Digital Engineering wird, nicht ein nachträglicher Zusatz“, sagt Wyrwich. Denn nur dort, wo Daten verfügbar sind, wo gearbeitet wird, entfaltet es seine Wirkung.

„Indem wir untersuchen, welche Datenobjekte in welchen Engineering-Tools erstellt, verwaltet oder verwendet werden, können wir gezielte Strategien entwickeln, um die Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung weiter zu steigern“, sagt Wyrwich.

Darüber hinaus ist das Datenmodell Teil einer umfassenderen Methodik, die darauf abzielt, Nachhaltigkeitsdaten systematisch in die Entwicklungsprozesse zu integrieren.

Mehr Informationen finden Sie auf der it’s OWL Innovationsplattform

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