Augmented Reality in der Ausbildung: „Eine ideale Unterstützung“ für Unternehmen und Azubis

Was wäre, wenn technische Auszubildende ihr Wissen direkt am Arbeitsplatz vertiefen könnten – und das ganz ohne ständige Anleitung durch ihre Ausbilder:innen? Genau das ermöglicht das it’s OWL Projekt ‚Intelligente Assistenz für die technische Ausbildung (iAtA)‘.
Mithilfe von Augmented Reality (AR) wird technisches Wissen direkt in den Werkstätten vermittelt. Zwei Ausbilder, Wjatscheslaw Sujev von Phoenix Contact und Dennis Heinrich von Miele, sprechen im Interview darüber, wie das neue Assistenzsystem ihre Arbeit und die Ausbildung verändert.

Welche Herausforderungen bringt das Assistenzsystem für Ausbilder:innen mit sich?

Wjatscheslaw Sujev (Phoenix Contact): „Durch den Einsatz des Assistenzsystems verändern sich die Arbeitsaufgaben in der Berufsausbildung und es ergeben sich technische Herausforderungen. Neben der reinen Bedienung und Wartung des Systems müssen wir auch die didaktisch sinnvolle Erstellung und Anpassung der Lerninhalte in dem Assistenzsystem beherrschen. Hierfür waren neben der Einbindung in allen technischen Entwicklungsschritten die in jedem Partnerunternehmen durchgeführten Workshops hilfreich.“

So funktioniert das Assistenzsystem

Im Projekt ‚iAtA‘ entwickelt ein Konsortium von Forschungspartnern aus den Bereichen Systems Engineering und Psychologie der Universität Bielefeld und dem Fraunhofer IOSB-INA gemeinsam mit den Unternehmen Phoenix Contact, Miele und Böllhoff ein plattformbasiertes Assistenzsystem für die technische Ausbildung.

Durch Augmented Reality vermittelt das Assistenzsystem relevantes Wissen, welches im Rahmen der technischen Ausbildung benötigt wird. Das System kann von den Auszubildenden eigenständig und in direkter Interaktion mit den technischen Geräten in den Ausbildungswerkstätten verwendet werden. Dabei vermittelt das System Ausbildungsinhalte im direkten Arbeitsumfeld.

Ausbilder:innen und Auszubildende haben die Möglichkeit, Lerneinheiten auf der Systemplattform anzulegen und anzupassen, wodurch eine nachhaltige Nutzung gewährleistet werden kann. Darüber hinaus sind alle Lerneinheiten so gestaltet, dass sich der Grad der Unterstützung automatisch am Wissensstand der Azubis orientiert. Um die Potentiale der Systemnutzung vollkommen auszuschöpfen, sind auch Anpassungen an den Prozessen im Bereich der technischen Ausbildung notwendig, welche sich insbesondere auf die Rollen der Ausbilder:innen und Auszubildenden auswirken.

 

Wie wirkt sich das System auf Ihre tägliche Arbeit und die Zeitplanung aus?

Wjatscheslaw Sujev (Phoenix Contact): „Während bislang die meisten Lerninhalte durch die direkte Vermittlung vom Ausbildenden zum Auszubildenden erfolgen und somit die meiste Kapazität des Ausbildenden binden, wird diese durch den Einsatz des Assistenzsystems optimiert. Die Auszubildenden können zukünftig unabhängig und selbstständig auf einen Teil der Lerninhalte über das Assistenzsystem zugreifen, wodurch die zeitliche Flexibilität in unserem Ausbildungskonzept erhöht wird. Besonders bei starken Ausbildungsjahrgängen werden die Ausbildenden in ihrer Arbeit entlastet und können sich so auf die Auszubildenden konzentrieren, die neben der Nutzung des Assistenzsystems weitere Unterstützung oder Herausforderungen benötigen.“

Welche Vorteile hat das Assistenzsystem für technikaffine Auszubildende?

Dennis Heinrich (Miele Bielefeld): „Wir haben den großen Vorteil, dass unsere Auszubildenden sehr technikaffin sind und somit ein großes Interesse am Assistenzsystem haben. Das hilft uns Ausbilder:innen dabei, das System in den Arbeitsalltag einzuführen, weil wir nahezu keine Widerstände durch die jungen Menschen wahrnehmen. Natürlich profitieren die Auszubildenden insbesondere davon, das System eigenständig zum Lernen zu nutzen, unabhängig davon, ob ein Ausbilder oder eine Ausbilderin vor Ort sind.“

Wie passt sich das System an den individuellen Wissensstand der Auszubildenden an?

Dennis Heinrich (Miele Bielefeld): „Ein noch größerer Nutzen für die Auszubildenden ist die Adaptivität des Systems an den jeweiligen Wissensstand des Nutzenden. Alle Lerneinheiten sind so aufgebaut, dass zu Beginn über ein Kurzmodul der Lernstand diagnostiziert wird. Auf Basis der Ergebnisse dieser Diagnose wird im Anschluss das passende Ausmaß an Unterstützung bereitgestellt. Indem zahlreiche AR-Elemente sowie Erklärungen eingeblendet werden, erhalten Auszubildende mit wenig Erfahrung und einem geringen Wissen viel Unterstützung durch das System. Diejenigen Azubis, bei denen durch die Lernstanddiagnose bereits viel Vorwissen ermittelt wurde, werden von dem System durch den jeweiligen Lerneinheitsprozess geleitet, ohne dabei umfangreiche Erklärungen zu den jeweiligen Aufgaben zu erhalten.“

Welche langfristigen Vorteile bietet das System für Auszubildende?

Dennis Heinrich (Miele Bielefeld): „Die Adaptivität des Systems an den jeweiligen Wissensstand der Nutzenden bietet durch die individuelle Anpassung eine ideale Unterstützung, beugt Über- und Unterforderung der Auszubildenden vor und motiviert die Auszubildenden langfristig, das System zu verwenden.“

 

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