Einfache Anwendung datengetriebener Services für KMU

Maschinen generieren stetig Daten, zum Beispiel werden Temperaturen und Geschwindigkeiten gemessen. Diese Daten zu erheben, aufzubereiten und zu nutzen, wird für Unternehmen immer wichtiger. Durch die Analyse von Daten können Unternehmen Fehler erkennen, Fertigungsprozesse verbessern, die Transparenz und Effizienz der Lieferketten erhöhen sowie Verbraucher:innen zusätzliche Services bieten. Das Problem: Vor allem kleinen und mittleren Unternehmen fehlt es dafür oft an technischem Fachwissen und passenden IT-Plattformen, die auf die einzelnen Maschinen oder Komponenten speziell zugeschnitten werden müssen. Die Nutzung dieser sogenannten datengetriebenen Services ist daher mit viel Aufwand und Kosten verbunden, die oft nicht im Verhältnis zum erwarteten Nutzen stehen. Genau hier setzt das it’s OWL Projekt ‚Industrie 4.0 Ökosystem für den automatisierten Einsatz von datengetriebenen Services (I4.0AutoServ)‘ an: Ziel des Projektes ist ein Industrie 4.0-Ökosystem für den automatisierten Einsatz von datengetriebenen Services, in dem Unternehmen Produkt-Service-Systeme schneller und kostengünstiger realisieren können.

Das zielgebende Industrie-4.0-Ökosystem besteht aus Assets, also zum Beispiel Maschinen und Anlagen in der Produktionsumgebung (Shop-Floor), und deren interoperablen digitalen Zwillingen. Stattet man die datengetriebenen Services ebenso mit einem digitalen Zwilling aus und beschreibt dort deren Anforderungen, können Fähigkeiten und Anforderungen automatisiert abgeglichen werden.

Zudem können Services durch einen automatischen Abgleich zwischen ihren Anforderungen und den Fähigkeiten der einzelnen IT-Ebenen (Device, Edge, Cloud) in einem automatisierten Deployment über diese Ebenen verteilt, angewendet und gewartet werden. Dieses Matching basiert rein auf den digitalen Zwillingen der Assets im Ökosystem und erleichtert die Anwendung von datengetriebenen Services massiv bzw. macht sie in manchen Fällen überhaupt erst ermöglicht.

AMiRo-Roboter als fahrerlose Transportfahrzeuge in einem Intralogistikszenario mit zwei Lagerbereichen (im Hintergrund), einer Teststrecke und einer Wartungs- und Reparaturstation (hinter der Kamera).

Dass dieser Ansatz nicht nur in der Theorie funktioniert, konnte vom 22. bis 26. April 2024 auf der Hannover Messe praktisch gezeigt werden. Demonstriert wurde hier ein Intralogistikszenario des Projektpartners Remmert, in dem fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) Güter in einer Produktions- bzw. Lagerumgebung von einer Station zur nächsten fahren.

Da die realen FTF und Lageranlagen zu groß für den Messeauftritt sind, wurden diese durch AMiRo Roboter der Uni Bielefeld repräsentiert, die auf einem Parkour zwischen zwei Lagerbereichen verkehrten (siehe Bild oben).

Die grafische Benutzeroberfläche des Demonstrators.

Intuitive Benutzeroberfläche für effizientes Matching

In einer grafischen Benutzeroberfläche (GUI) können alle Shop-Floor-Assets (SFAs), also die FTF und die Lageranlagen angezeigt werden (siehe Bild oben). Wenn ein SFA ausgewählt wird (z.B. ein AMiRo), wird das Matching Verfahren ausgelöst, welches eine Liste dazu passender datengetriebener Services liefert. Services, die nicht für das SFA geeignet sind, werden ausgegraut. Hervorzuheben ist hier, dass in der GUI vorab keinerlei Informationen über die SFA oder Services hinterlegt werden müssen. Diese stammen aus den jeweiligen Digitalen Zwillingen in Form der Industrie 4.0 Verwaltungsschale (Asset Administration Shell – AAS).

Im folgenden Schritt kann ein Service (z.B. Anomaliedetektion) ausgewählt werden, woraufhin das Matching Verfahren die passenden Computing-Ressourcen ermittelt. Schließlich folgen das Training (falls erforderlich) sowie die Bereitstellung und die Ausführung des ausgewählten Services. Sobald ein Service angewendet wird, wird automatisch eine Datenpipeline vom SFA (AMiRo) zu der Computing-Ressource (Edge-Komponente), auf dem der Service (Anomaliedetektion) ausgeführt wird, hergestellt. Die Ergebnisse werden dann umgehend in der GUI dargestellt.

Die Datenaufnahme erfolgte auf einer geraden Teststrecke des Parkours, so dass eine Referenzbewegung für die Anomaliedetektion zur Verfügung stand. Die Anomalien wurden dabei auf dem Messestand live von den Mitarbeitenden des Projekts oder auch den Besucher:innen herbeigeführt, in dem z.B. durch Klebeband auf den Rädern des AMiRos eine Unwucht im Antrieb erzeugt wurde. Bei erkannter Anomalie kann der AMiRo dann selbstständig in die Wartung fahren und ein neuer AMiRo wird bereitgestellt.

Live-Demonstration auf der Hannover Messe

Die Demonstration auf dem OWL-Gemeinschaftsstand auf der Hannover Messe stellte einen Meilenstein im Projekt dar, zu dem alle entwickelten Teile ineinandergreifen und als Gesamtsystem den Nachweis über die Machbarkeit des Ansatzes erbringen. Durch den Messeauftritt war es möglich, direktes Feedback zur bisherigen Umsetzung und Anregungen zur weiteren Ausgestaltung zu sammeln, wobei durch die Besucher:innen verschiedene Nutzungsperspektiven aufgezeigt wurden.

Im weiteren Projektverlauf gilt es abschließend die Details der Implementierung auszuarbeiten. So sollten beispielsweise die Fähigkeiten und Anforderungen der Services und der SFA für eine Skalierung zwar möglichst übergreifend beschrieben werden, aber gleichzeitig müssen diese spezifisch genug sein, um das Matching durchzuführen.

So profitieren Unternehmen aus OWL von dem Projekt

Mit Abschluss des Projektes sollen die Ergebnisse gezielt kleinen und mittleren Unternehmen in OstWestfalenLippe zur Verfügung gestellt werden. Beispielsweise als Open Source Lösung, die niederschwellig an die Bedürfnisse der Unternehmen angepasst werden kann.

Somit könnten sich Produktionsverantwortliche per Klick anzeigen lassen, welche Services auf welche SFA in ihrer Produktionsumgebung angewendet werden können, z.B. die Anomalieerkennung oder eine Ermittlung der Restlebensdauer von Komponenten. Per Klick werden die gewünschten Services dann ausgeführt und die Ergebnisse angezeigt.

Neben der Universität Bielefeld (AG Kognitronik & Sensorik), der Universität Paderborn (Lehrstuhl für Dynamik und Mechatronik) und dem Fraunhofer IOSB-INA Institutsteil für industrielle Automation in Lemgo, sind drei Unternehmen am Projekt I4.0AutoServ beteiligt: der Antriebs- und Automatisierungsanbieter Lenze, der Spezialist für industrielle Verbindungstechnik, Automatisierung und Digitalisierung Weidmüller sowie Remmert – ein Spezialist für vollautomatische Lagertechnik, intelligente Logistiksoftware und wirtschaftliche Automationslösungen im Bereich Langgut und Blech.

 

 

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