Mit KI und Ökobilanz zum nachhaltigen Produkt: Wie WAGO Kreislaufwirtschaft im Unternehmen verankert

Noch immer entstehen viele Ökobilanzen von Hand in aufwendigen Excel-Sheets, durch mühseliges Datenzusammensuchen und mit hohem Interpretationsspielraum. Für Unternehmen mit einem breiten Produktportfolio ist das ein echter Engpass. Doch was wäre, wenn sich Nachhaltigkeit schon beim Produktdesign mitdenken ließe. Genau das verfolgt WAGO im it’s OWL Projekt GoProZero. Dort entwickelt das Unternehmen ein KI-gestütztes Assistenzsystem, das Ökobilanzen automatisiert erstellt und direkt in die Entwicklungsprozesse einspeist. Möglich macht das eine Open-Source-Lösung, die vorhandene Emissionsdaten mit CAD-Modellen und Stücklisten verknüpft.

Im Zentrum des Leuchtturmprojekts bei WAGO steht das Ziel, Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus hinweg systematisch bewertbar und steuerbar zu machen. Dafür sollen sogenannte Cradle-to-Cradle-Bilanzen, also umfassende Lebenszyklusanalysen, die neben Herstellung und Nutzung auch Aspekte wie Wiederverwendung und Recycling einbeziehen, deutlich effizienter erstellt werden können.

Eine zentrale Herausforderung dabei ist die bislang meist manuelle und aufwändige Erstellung solcher Ökobilanzen. Bei einem breiten Produktportfolio wie dem von WAGO ist dieser Ansatz nicht skalierbar.

Eine KI hilft bei der Erstellung von Ökobilanzen

Die Lösung: ein Dashboard mit KI-Assistenz, das automatisiert auf bestehende Emissionsdaten und Modelle zugreift. Dabei setzt WAGO zunehmend auf Open-Source-Software, um das System flexibel und kosteneffizient zu gestalten.

Ein weiterer Fokus liegt auf der frühzeitigen Einbindung von Nachhaltigkeitsdaten in die Produktentwicklung. Über benutzerfreundliche Schnittstellen sollen Fachabteilungen gezielt unterstützt werden.

„Entwickler:innen sollen mit Hilfe dieses Dashboards schon im Designprozess fundierte Entscheidungen treffen können“, sagt Alexander Flekler, Circular Economy Manager bei WAGO. Ziel ist ein System, das vorhandene Produktdaten wie CAD-Modelle oder Stücklisten automatisch mit Emissionsdaten verknüpft und so bereits im Entwicklungsprozess fundierte Impulse für nachhaltigere Produktentscheidungen liefert.

Mehrwert für WAGO: Transparenz, Effizienz, Kostenersparnis

Die Potenziale für das Unternehmen sind vielfältig. An erster Stelle steht die Möglichkeit, Kunden ein hohes Maß an Transparenz zu bieten. „Der Marktdruck hinsichtlich nachhaltiger Produktdaten ist inzwischen größer als der regulatorische“, sagt Flekler.

Darüber hinaus verspricht die Automatisierung der Bilanzierungsprozesse eine erhebliche Kostenersparnis. Denn manuelle Studien sind extrem zeit- und kostenintensiv.

GoProZero: Austausch und Expertise auf Augenhöhe

Für WAGO bietet die Teilnahme am Forschungsprojekt GoProZero gleich mehrere Vorteile. Besonders wichtig sei für Flekler und seine Kolleg:innen der Austausch mit anderen Industrieunternehmen im Konsortium: „Viele unserer Herausforderungen sind keine Einzelfälle, Marktbegleiter stehen vor ähnlichen Problemen. Gemeinsam können wir an interoperablen Lösungen arbeiten, die über einzelne Unternehmen hinaus funktionieren.“

Darüber hinaus bringe die Zusammenarbeit mit den Forschungspartnern wertvolles Know-how ins Unternehmen. „Als Nachhaltigkeitsexperte habe ich nicht automatisch tiefes Wissen über KI-Integration, da profitieren wir enorm von der interdisziplinären Zusammenarbeit“, erklärt Flekler.

Das Projekt sei für WAGO eine Chance, ein zukunftsweisendes Thema aktiv mitzugestalten und dabei Forschung und Praxis zu verbinden.

Vom Prototypen zum strategischen Werkzeug

Die Erwartungen an das Projekt sind entsprechend hoch: Ziel ist es, den entwickelten Prototypen so weit zu bringen, dass er im Anschluss unternehmensweit implementiert werden kann.

„Wenn wir zeigen können, dass die Lösung funktioniert, können wir sie im Unternehmen als strategisches Werkzeug für die Produktentwicklung etablieren“, sagt Flekler.

Ziel sei es, Nachhaltigkeit langfristig in alle Prozesse zu integrieren, wissenschaftlich fundiert und technologisch abgesichert. Dafür brauche es neben technischer Umsetzbarkeit auch interne Überzeugungsarbeit. Ein überzeugender Prototyp sei dafür der erste Schritt.

Vernetzung in OWL: Gemeinsam an Lösungen arbeiten

Für WAGO ist die Teilnahme an it’s OWL Projekten vor allem eine Frage der Vernetzung: „Gerade im Bereich Nachhaltigkeit lebt alles von regionalem Austausch. Kreislaufwirtschaft funktioniert nur lokal, da hilft es enorm zu wissen, was andere machen“, sagt Flekler.

Dabei hebt WAGO die Offenheit innerhalb des Clusters besonders hervor. Anders als in anderen Bereichen sei der Austausch hier keine Wettbewerbssache. Im Gegenteil: „Wir sind als Europa im globalen Wettbewerb gefragt und dafür müssen wir gemeinsam an Lösungen arbeiten.“ Forschungsprojekte von it’s OWL haben laut Flekler entscheidend dazu beigetragen, dieses Vertrauen über die Jahre aufzubauen. „Der regelmäßige Kontakt auf Arbeitsebene schafft ein Geben und Nehmen, davon profitieren alle.“

Ein Appell an andere Unternehmen: Warum sich Mitmachen lohnt

Und was rät WAGO Unternehmen, die bisher noch nicht in Forschungsprojekte involviert sind? „Habt keine Scheu vor dem Austausch mit der Wissenschaft. Vorurteile wie ‚abgehoben‘ oder ‚realitätsfern‘ stimmen nicht. In Wahrheit sind Forschungsprojekte oft sehr praxisnah, locker und eine großartige Möglichkeit, Know-how zu bekommen und Dinge im geschützten Raum zu testen“, sagt Flekler.

Gerade für kleine und mittlere Unternehmen seien Projekte wie GoProZero eine ideale Gelegenheit, um Innovation voranzutreiben – ohne gleich allein große Investitionen tätigen zu müssen. Ganz nach dem Motto: „Einfach mal ausprobieren, der Einstieg lohnt sich“, sagt Flekler.

 

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