Vom einarmigen Helfer zum Küchen-Profi: Wie Roboter die Hausarbeit übernehmen können

Die Küche ist das Herzstück vieler Haushalte und ein Ort, an dem oftmals Technik und Tradition aufeinandertreffen. Doch wie könnte eine Küche aussehen, wenn Roboter dort helfen? NEURA Robotics unterstützt das it’s OWL Projekts ‚Hybrid-Living mit einem Service-Roboter, der dabei lernt, den Geschirrspüler ein- und auszuräumen. Dennis Wigand, Gruppenleiter für kollaborative Automation bei NEURA Robotics, gibt in diesem Interview Einblicke in die Herausforderungen und Potenziale bei der Integration von Service-Robotern in der Küche und erklärt, warum die Roboter seines Unternehmen einen zweiten Arm bekommen und wie andere Unternehmen von dem Projekt profitieren können.

Was sind die wichtigsten Herausforderungen bei der Integration von Service-Robotern in einer häuslichen Umgebung, insbesondere in der Küche?

Dr. Dennis Wigand: Bei der Integration eines Roboters in die ‚Küche der Zukunft‘ gibt es zwei Aspekte, die besonders spannend sind. Zuerst einmal ist eine private Küche ein nicht standardisierter Raum. Sie kann bei jedem potenziellen Kunden anders aussehen. Geschirr kann unterschiedlich geformt und schwer sein, die Haushaltsgegenstände befinden sich an verschiedenen Orten und müssen speziell bedient werden. Dies ist ein komplett anderer Kontext als in der Industrie. Ein Haushaltsroboter muss sich daher eine unglaubliche Vielzahl an Kenntnissen aneignen, sie also entweder erlernen oder in der Lage sein, entsprechende Infos von Smart Home Geräten abzugreifen.

Das bringt uns auch schon zum zweiten Punkt: Kommunikation. Ein Service-Roboter muss mit verschiedenen Geräten oder dem Smart Home System kommunizieren können. Hier kommt unser Neuraverse ins Spiel. Die app-basierte Plattform ermöglicht es, die Fähigkeiten der Roboter ständig zu erweitern. Ein Unternehmen wie zum Beispiel Miele ist somit in der Lage, Besonderheiten und Bedieninstruktionen seiner Geräte unseren Robotern beizubringen.

Wie unterscheidet sich die von NEURA Robotics bereitgestellte Roboterplattform von anderen auf dem Markt verfügbaren Lösungen?

Dr. Dennis Wigand: Bei NEURA Robotics legen wir den Fokus auf kognitive Roboter, die – ausgestattet mit den entsprechenden Sensoren und AI – sehen, hören und haptisch fühlen können. Dieses Konzept zieht sich durch unsere komplette Produktpalette. Andere verfügbare Lösungen setzen aktuell vorwiegend nur auf COBOTs, die nicht das gleiche Spektrum an integrierter Funktionalität besitzen. Unser drastisch anderer Blickwinkel macht da den Unterschied.

Wir betrachten unsere Roboter als universelle Plattformen, die ein und dieselbe Softwareinfrastruktur teilen: das Neuraverse. Diese Herangehensweise ermöglicht es unseren Robotern voneinander zu lernen und Fähigkeiten auszutauschen. Das gilt besonders für unseren MiPA, kurz für ‚Mein intelligenter persönlicher Assistent‘, der sich durch seine sichere Interaktion mit Menschen und seine Flexibilität in der Anwendung auszeichnet. MiPA nutzt die Synergien zu unseren industriellen Systemen und kann so deren Fähigkeiten in die Servicedomäne übertragen, ohne diese selbst noch einmal von Grund auf erlernen zu müssen. Das steigert die Effizienz enorm.

Welche Fortschritte haben Sie bisher im Projekt erzielt und welche nächsten Schritte sind geplant?

Dr. Dennis Wigand: Bisher haben wir unserem MiPA einen zweiten Arm ’spendiert‘ – das ist gerade im Küchenumfeld besonders relevant. Die meisten Aufgaben erfordern bi-manuale Manipulation, da eine Küche bisher primär für Menschen designt ist. Mit zwei Armen kann unser MiPA gleichzeitig den Geschirrspüler öffnen und die Tasse hineinstellen oder aber einen Topf halten und die Suppe darin rühren.

Ein weiteres Update sind größere Batterien, sodass unser MiPA längere Service-Schichten übernehmen kann. Ein nächster Schritt ist es, die Kommunikation zwischen dem MiPA und den motorisierten Möbelsystemen von Hettich umzusetzen. Hierzu müssen wir eine gemeinsame ‚Sprache‘ mit einheitlichen Protokollen und Schnittstellen definieren und etablieren.

Wie plant NEURA Robotics die Ergebnisse dieses Projekts in zukünftige Produktentwicklungen zu integrieren?

Dr. Dennis Wigand: Das Projekt – in dem Küchenumfeld, mit zwei starken Industriepartnern und der Forschungsexpertise der Universität Bielefeld – ist ein exzellenter Anwendungsfall für unseren MiPA. Nicht nur können wir hier die Fähigkeiten unseres Roboters erweitern und in unser Neuraverse einfließen lassen, sondern wir erhalten auch relevante Einblicke in die Anforderungen von morgen.

Es ist Ihr erstes Projekt im it’s OWL Netzwerk. Inwieweit hilft es Ihnen die Herausforderungen im Rahmen von it’s OWL zu lösen?

Dr. Dennis Wigand: Ich kenne it’s OWL noch sehr gut aus meiner Zeit als Doktorand am CITEC der Universität Bielefeld. Damals haben wir bereits an gemeinsamen Projekten gearbeitet und ich habe das multidisziplinäre Netzwerk aus akademischen und industriellen Experten sehr geschätzt. Nun bin ich als Industriepartner mit NEURA Robotics auf der anderen Seite erneut involviert. Ich finde es wichtig, sich in der Region zu vernetzen und gemeinsam Innovationen für die Region voranzubringen. it’s OWL ist hierfür der ideale Partner dank seiner guten Infrastruktur.

Wie genau können andere Unternehmen von den Ergebnissen des Projekts profitieren?

Die Erkenntnisse über Protokolle und Schnittstellen, die wir für die Kommunikation in dem Projekt evaluieren, können dazu beitragen, eine unternehmensübergreifende Einigung auf entsprechende Technologien zu erzielen. Dies wiederum kann Grundlage für eine Integration und größere Kompatibilität technologischer Ökosysteme sein. In Zukunft werden etablierte Standards und Richtlinien eine entscheidende Rolle spielen, um die Vision der ‚Küche der Zukunft‘ in die Realität umzusetzen.

 

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