Die modellbasierte Entwicklung von Maschinen und Anlagen stellt eine etablierte Vorgehensweise im Entwicklungsprozess dar. In diesem Zuge wird das Simulationsmodell der Maschine oder Anlage aus Teilmodellen zu einem Gesamtsystem zusammengesetzt.

Je nach Untersuchungsschwerpunkt wird ein anwendungsfallspezifisches Simulationsmodell gewählt. Die Teilmodelle, die der Nutzer hierfür verwendet, stammen bspw. aus einer unternehmensinternen Modellbibliothek. Alternativ werden sie von entsprechenden Komponentenzuliefern für ein spezifisches Simulationstool bereitgestellt, wobei die Modellparameter häufig in einem proprietären Dateiformat weitergegeben werden. Ein sehr häufig auftretendes Hindernis ist, dass diese Dateiformate auf spezifische Simulationstoolumgebungen zugeschnitten sind und nicht auf andere Tools übertragbar sind.

Optimierung des Entwicklungsprozesses

Im Rahmen des Projekts „Technische Infrastruktur für digitale Zwillinge“ entsteht im Teilprojekt „Digitaler energetischer Zwilling“ (DeZ) eine automatisierte und generische Bereitstellung von Simulationsmodellen für häufig auftretende Anwendungsfälle (z.B. Virtuelle Inbetriebnahme, Energetische Bewertung) innerhalb des Lebenszyklus eines Assets (Komponente, Maschine oder Anlage). Diese basiert auf der Verwaltungsschale (VWS). Durch die automatisierte und toolübergreifende Bereitstellung wird der Entwicklungsprozess des Maschinenbauers optimiert und neuartige digitale Geschäftsmodelle können etabliert werden.

Das DeZ-Konzept wird exemplarisch in einem Tool umgesetzt und zeigt vielversprechende Realisierungsmöglichkeiten bei der Generierung von Modellen für Systeme und Lösungen. Das Prinzip der Modellbereitstellung wird in Abbildung 1 dargestellt: Gateways an den Schnittstellen verbinden die Verwaltungsschale und die Simulationsumgebung.

Abbildung 1: Bereitstellung eines Simulationsmodells aus der Verwaltungsschale mit Hilfe der „Simulation Model Description“

Zur automatisierten Bereitstellung von Simulationsmodellen bedarf es standardisierter Informationsmodelle, die semantisch eindeutig die Eigenschaften der Modelle und ihrer Schnittstellen, sowie Beziehungen zwischen Modellen beschreiben können. Mit Hilfe der VWS können einem Simulationsmodell diverse Zusatzinformationen hinzugefügt werden. Simulationsspezifische Merkmale wie bspw. der Modellzweck können mitverwaltet werden. Zusätzlich werden Input- und Output-Ports (Einheit, Domäne, Datentyp, …) eindeutig beschrieben (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Exemplarischer Aufbau einer VWS mit Teilmodell für ein Simulationsmodell

Simulation Model Description

Als wesentliche Basis für den Austausch von Modellen dient ein Zwischenformat, welches alle wesentlichen Informationen für die Simulationsgenerierung enthält: Interfaces und Ports der Komponentenmodelle, Verknüpfungsinformationen von Gesamtsystemen, Parameter und weitere Metadaten. Im Rahmen von DeZ wurde eine Simulation Model Description (SMD) entwickelt, in der diese Daten in einem generisch lesbaren Format auf Basis der Verwaltungsschale vorliegen. Dieses Format können vor allem Simulationstool-Hersteller für die Generierung eines toolspezifischen Gesamtmodells nutzen. Innerhalb des Projekts liegt der Fokus neben toolspezifischen Komponentenmodellen auf dem Functional-Mockup-Interface-Standard. Dieses Interface wird bereits durch zahlreiche Simulationstools unterstützt.

Ein Systemintegrator bzw. Maschinenbauer muss aus den einzelnen Modellen seiner Zulieferer ein Gesamtsimulationsmodell erstellen. Im Konzept des Teilprojekts DeZ geschieht dies mithilfe der Topologie einer Maschine. Anhand der in der Entwicklung definierten Maschinentopologie wird der Aufbau des benötigten Gesamtsimulationsmodells abgeleitet und in Form der SMD beschrieben. So entsteht eine VWS-basierte Beschreibung der Simulationsmodelle und deren Verknüpfungen (Abbildung 3). Enthalten sind die einzelnen Komponentenmodelle, deren Interfaces sowie die Verbindungen zueinander, die im gezeigten Beispiel durch Knotenpunkte abgebildet sind.

Jedes Simulationstool mit implementiertem „Tool Gateway“ kann diese SMD anschließend importieren und so ein ausführbares Gesamtmodell generieren.

Abbildung 3: Verbindungen der Komponentenmodelle innerhalb der SMD

Vorteile durch Nutzung der Simulation Model Description

Den Partnern KEB Automation KG, Lenze SE, Weidmüller Interface GmbH & Co. KG und der Technischen Hochschule OWL ist es damit gelungen, im Rahmen des Teilprojekts „Digitaler energetischer Zwilling“ (DeZ) ein Zwischenformat zu entwickeln, das eine automatisierte Generierung eines dynamischen Simulationsmodells ermöglicht und die Zeitspanne vom Engineering bis zum ausführbaren Simulationsmodell signifikant verkürzt.

Das Konzept weist insbesondere Vorteile bei sehr individuellen Maschinenlösungen mit stets ähnlichen Grundkomponenten auf, da hier der individuelle Aufbau einer dynamischen Simulation in einem Simulation-Tool sehr zeitraubend sein kann. Somit verkürzt die Nutzung der Simulation Model Description aus DeZ in Kombination mit der Verwaltungsschale auch die Time-to-Market einer individuellen Maschinenlösung.

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