Die ‚Digital Twin Theory‘: Umgesetzt und validiert in TeDZ

Die „Digital Twin Theory“ wird aktuell im Rahmen des Innovationsprojekts „Technische Infrastruktur für digitale Zwillinge“ (TeDZ) im Rahmen des Spitzenclusters it’s OWL praktisch umgesetzt und validiert. Doch was ist diese Theorie eigentlich?

Die Digital Twin Theory ist ein Theoriemodell, das geschaffen wurde, um sich auf konkrete Mechanismen und Mehrwerte des abstrakten Begriffs „Digitaler Zwilling“ konzentrieren zu können [1].

Es ist als eine Alternative zu einer klassischen Begriffsdefinition anzusehen, da es eine Vielzahl an Definitionen gibt, die sich in Umfang, Detailierungsgrad und technischem Fokus unterscheiden. Diese fehlende einheitliche Sicht sorgt – trotz der intensiven Nutzung dieses Begriffs – noch immer für zahlreiche Herausforderungen bei der Realisierung „des“ Digitalen Zwillings in der betrieblichen Praxis.

Das Modell

Die Digital Twin Theory ist ein auf Hypothesen aufgebautes Theoriemodell. Ausgangspunkt für die Hypothesen waren die Arbeiten in [2], demnach die Informationen, die einen Digitalen Zwilling beschreiben, in jeder Phase des Produktlebenszyklus angereichert werden. Konkret wurden folgende Hypothesen formuliert:

  1. Ein digitaler Zwilling ist eine digitale Repräsentanz eines Assets.
  2. Ein digitaler Zwilling befindet sich an mehreren Orten gleichzeitig.
  3. Ein digitaler Zwilling hat vielfältige Zustände.
  4. In einer Interaktionssituation besitzt der digitale Zwilling einen kontextspezifischen Zustand.
  5. Das Informationsmodell für digitale Zwillinge ist unendlich groß, es ist ein reelles Informationsmodell.
  6. Das reelle Informationsmodell kann für ein spezifisches Anwendungsszenario endlich approximiert werden und wird dadurch zu einem rationalen Informationsmodell.
  7. Das rationale Informationsmodell ist nicht an einem Ort speicherbar.
  8. Das rationale Informationsmodell ist niemals vollständig sichtbar.

Für eine Erläuterung dieser Hypothesen, die anhand der Abbildung 1 diskutiert werden, wird auf die Originalveröffentlichung verwiesen [1].

Die Realisierung

Die „Digital Twin Theory“ wird aktuell im Rahmen des Innovationsprojekts „Technische Infrastruktur für digitale Zwillinge“ (TeDZ) im Rahmen des Spitzenclusters it’s OWL praktisch umgesetzt und validiert.

Ein mögliches Anwendungsszenario ist in Abbildung 2 dargestellt. In diesem Szenario sollen CAD-Daten aus der Produktlebenszyklusphase „Design“ zur optimierten Produktion einer konkreten Produktinstanz herangezogen werden. In dem Szenario wird der Digitale Zwilling eines Assets namens „Smart Light“ mittels der Industrie 4.0-Verwaltungsschale (VWS) erstellt [3].

Der Digitale Zwilling enthält ein Industrie 4.0-Teilmodell „PLM“, welches Informationen aus der Design-Phase in Form von Merkmalsausprägungen hält. Darüber hinaus enthält es Referenzen auf Detailinformationen aus einem PLM-System (hier: https://plm.th-owl.de/sl/sl2). Über eine Suchmaschine werden die PLM-Informationen inklusive Referenz gefunden und für die Produktion herangezogen.

In TeDZ wird die notwendige technische Infrastruktur für die Erstellung, sichere Instanziierung und das Auffinden solcher Digitalen Zwillinge entwickelt.

Umsetzung der Digital Twin Theory mit der VWS [3]

Um die Digital Twin Theory auf den Prüfstand stellen zu können, wird aktuell ein Demonstrationsszenario in der SmartFactoryOWL in Lemgo implementiert. In dem Industrie 4.0-Szenario der auftragsgesteuerten Produktion, sollen die Hypothesen überprüft und den Besuchern der SmartFactoryOWL ab 2021 anschaulich nähergebracht werden können. Erste Realisierungen lassen bereits darauf schließen, dass die Digital Twin Theory eine wertvolle Ergänzung in den aktuellen Diskussionen zum Themengebiet „Digitaler Zwilling sein kann.

Die Referenzen

[1] Deuter, A.; Pethig, F. (2019): The Digital Twin Theory – Eine neue Sicht auf ein Modewort, Industrie 4.0 Management 35, (2019).

[2] Boschert, S.; Rosen, R. (2016): Digital Twin ‐ The Simulation Aspect. In: Challenges and Solutions for Mechatronic Systems and their Designers, Springer

[3] Plattform Industrie 4.0 (2019): Details of the Asset Administration Shell: Part 1 The exchange of information between partners in the value chain of Industrie 4.0 (Version 2.0.1)

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