„Mit SE beherrschen wir bei Miele Komplexität“

Seit Jahren setzt Miele bereits auf Systems Engineering. Was die größte Herausforderung bei der Einführung von Systems Engineering im Unternehmen war, wie das it’s OWL Projekt SE4OWL dem Unternehmen helfen konnte und warum es für das Thema einen Koordinator braucht, erklärt Marius Schabbehard (Virtual Product Development bei Miele) im Interview.

In welchen Bereichen nutzen Sie in Ihrem Unternehmen bereits Systems Engineering?

Marius Schabbehard: Bausteine des Systems Engineering werden bereits in mehreren Business Units angewendet. Die primären Bereiche sind die jeweiligen Forschungs- und Entwicklungsbereiche. Dabei liegt aktuell der Fokus auf Anforderungsmanagement und Systemmodellierung (R-F-L-(P)).

 

Seit wann arbeitet Ihr Unternehmen mit SE?

Marius Schabbehard: Der erste konkrete Ansatz SE im Unternehmen auszubreiten war im Jahr 2016. Die Definition bzgl. Prozesse, Methoden, Tools und Organisation folgten in den darauffolgenden Jahren und die Implementierung und praktische Anwendung in zunächst einer Business Unit startete in 2021.

 

Welche konkreten Herausforderungen haben Sie mit dem Projekt SE4OWL gelöst?

Marius Schabbehard: Die Akzeptanz für SE im Unternehmen zu bekommen war eine große Herausforderung. Mithilfe des Reifegradmodells, waren wir in der Lage den Ist-Zustand besser zu analysieren und die gewünschten Bedarfe abzuleiten. So konnten wir gezielter auf die Fragen in den jeweiligen Business Units eingehen und so eine besseres Bewusstsein für SE erzeugen. Die erforderlichen Rollenprofile konnten gemeinsam erarbeitet und in die Organisation überführt werden.

 

Was sind für Sie die wichtigsten Learnings, die Sie aus dem Projekt für Ihr Unternehmen mitnehmen?

Marius Schabbehard: Alle teilnehmenden Unternehmen stehen im groben vor den gleichen Herausforderungen wie wir. Unsere Miele-spezifische Vorgehensweise zur Definition und Einführung von SE wurde durch die Erkenntnisse im SE4OWL bestätigt. SE bietet eine praktikable Grundlage zur Beherrschung der stetig wachsenden Komplexität.

 

Was ist für Ihr Unternehmen das Erfolgsrezept für die SE-Einführung?

Marius Schabbehard: Das war der Aufbau eines konkreten RFLP-Demonstrators, der den Nachweis erbracht und die Akzeptanz im oberen Management generiert hat. Somit war die Grundlage gelegt. Doch ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Change in der jeweiligen Business Unit und die damit einhergehende Veränderung der Aufgaben. Die Implementierung eines SE-Roll-out-Koordinators, der sich um kontinuierliche Akzeptanz und Umsetzung der SE-Themen kümmert, ist von größter Bedeutung.

Wo sehen Sie noch weiteren Verbesserungs- und Forschungsbedarf?

Marius Schabbehard: Der größte Bedarf liegt in der Durchgängigkeit der Tools. Aktuell sind wir nicht in der Lage eine Rückverfolgbarkeit durch alle angewendeten Tools zu schaffen. Die Schnittstellen sind nicht ausreichend definiert und der Workflow ist auch noch nicht komplett beschrieben. Die Verknüpfung des RFLP-Ansatzes mit der Validierung und Verifikation wird aktuell ausgearbeitet. Die zu besetzenden Rollen müssen in der Organisation fest verankert werden.

 

Welche der erarbeiteten Hilfsmittel fanden Sie am nützlichsten? Gibt es weitere Bereiche, in denen Ihnen noch Unterstützung fehlt?

Hier sind das Reifegradmodell, der Methodenkoffer und jegliche Hilfsmittel für die Qualifizierungsmaßnahmen zu erwähnen. Aber auch das SE-Game war für das Verständnis des SE-Gedankens ein großer Mehrwert. Unterstützung würde ich im Bereich der Tool-Schnittstellen gerne in Anspruch nehmen.

 

Welche besonderen Herausforderungen haben KMU bei der Einführung von SE?

Marius Schabbehard: Die Einführung von SE benötigt enorme Ressourcen und ergeben zu Beginn keinen klaren Return on Investment oder Key-Performance-Indicator. Daher ist es eine extreme Hürde in kleinen und mittleren Unternehmen SE einzuführen.

 

Worauf sollten vor allem KMU bei der Einführung von Systems Engineering achten?

Marius Schabbehard: Sie sollten den Bedarf von SE sehr genau analysieren und erst kleine Schritte vornehmen. Es ist nicht ratsam auf Anhieb das komplette V-Modell implementieren zu wollen. Wichtig ist, dass die Stakeholder den Mehrwert erkennen und die Umsetzung unterstützen. Fehlt die Unterstützung aus dem Management, ist es so gut wie nicht möglich die Anwender:innen von den neuen Methoden zu überzeugen.

 

Gibt es etwas, was Sie aus der Projektarbeit hervorheben möchten?

Marius Schabbehard: Die Gruppendynamik und das Netzwerken im Förderprojekt ist hervorzuheben. Die Darstellungen der ausgearbeiteten Ergebnisse sind anwendungsfreundlich.

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