Process Mining in Industrieunternehmen: Chancen, Herausforderungen und Handlungsbedarfe

Zum Themengebiet ‚Digitale Plattformen‘ fand im November 2021 das 3. Symposium des SICP – Software Innovation Campus Paderborn statt. Ziel der Veranstaltung ist die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Durch Vorträge und interaktive Workshops mit Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen der Universität Paderborn, den SICP-Mitgliedsunternehmen und Partnern des SICP können Unternehmen so einen tieferen Einblick in die Forschung bekommen.

Im Rahmen des SICP-Symposiums wurde von den Partnern des Projektes BPM-I4.0 ein interaktiver Workshop mit dem Titel ‚Process Mining in Industrieunternehmen: Chancen, Herausforderungen und Handlungsbedarfe‘ durchgeführt. Dr. Christian Bartelheimer (Universität Paderborn), Kai Brinkmann (Weidmüller Interface GmbH & Co KG) und Rolf Stübbe (CONTACT Software GmbH) diskutierten mit den Teilnehmenden Herausforderungen und Chancen für den Einsatz von Process Mining in Industrieunternehmen. Nachdem diese identifiziert und strukturiert wurden, konnten anschließend Handlungsbedarfe abgeleitet werden. „Die Inhalte des Workshops richteten sich insbesondere an Entscheiderinnen und Entscheider sowie Forscherinnen und Forscher, die sich für die datengetriebene Analyse und Verbesserung von Unternehmensabläufen interessieren und vor der Herausforderung stehen, wie die Mehrwert-bringende Umsetzung von Process Mining im eigenen Unternehmen gelingen kann“, erläutert Christian Bartelheimer. „Es wurden gleichermaßen Teilnehmende angesprochen, die bereits mit datengetriebenen Analysemethoden vertraut sind, als auch solche, die bisher keine oder kaum Erfahrung in der Anwendung solcher Verfahren haben“, ergänzt Christian Bartelheimer.

Chancen für Process Mining in Industrieunternehmen

Während des Workshops wurden zunächst die Grundlagen des Process Mining dargelegt. Kai Brinkmann und Rolf Stübbe berichteten anschließend über konkrete Erfahrung mit der Anwendung von Process Mining in industriellen Kernprozessen. „Im Rahmen unseres Forschungsprojektes BPM-I4.0 werden unter anderem der Innovations- sowie auch der Modifikationsprozess der Weidmüller Interface GmbH & Co KG betrachtet. Diese Prozesse gelten als sogenannte Kernprozesse und zeichnen sich durch eine hohe Wissensintensität und Produktspezifität aus“, so Kai Brinkmann, Project Manager PLM Processes bei Weidmüller. Brinkann weiter: „Daten über die Ausführung der Prozesse werden bei Weidmüller über das Workflow-Modul des Product-Lifecycle-Management-Systems von CONTACT Software erfasst. Sowohl wir von Weidmüller als auch die Kolleginnen und Kollegen von CONTACT Software erhoffen sich einen konkreten Nutzen durch Process Mining.“ So soll Process Mining nicht nur die Prozesstransparenz erhöhen, sondern auch die Qualität der Prozesse messbar machen, Abweichungen und Schwachstellen identifizieren sowie dabei unterstützen, gezielt Handlungsempfehlungen abzuleiten. Hierdurch erhofft sich Weidmüller eine kontinuierliche Verbesserung der Prozesse. „Für CONTACT Software bietet die intensive Evaluierung von Process Mining an gelebten Prozessen in der Praxis ebenfalls neue Möglichkeiten. Im Rahmen des Projektes können wir hierdurch Anwendungsfälle erproben und anschließend unsere existierende Softwarelösung hinsichtlich neuer Analysemöglichkeiten weiterentwickeln“, erklärt Rolf Stübbe, Strategie und Management Consultant bei CONTACT Software. Nichtsdestotrotz bestehen konkrete Herausforderungen um Process Mining in Unternehmen wie Weidmüller anzuwenden, was sich unter anderem in der Datenverfügbarkeit und -qualität, fehlenden Kapazitäten und Fähigkeiten oder auch dem Datenschutz widerspiegelt.

Anwendungsfälle und Herausforderungen für das Process Mining

Aufbauend auf dem ersten Teil des Workshops wurden anschließend weitere Anwendungsfälle und Herausforderungen für das Process Mining von den Teilnehmenden herausgearbeitet und strukturiert. Als ein übergeordneter Anwendungsfall konnte hierbei der Einsatz von Process Mining in vernetzten, digitalen Ökosystemen identifiziert werden. Weiterhin wurden informelle Prozesse mit unstrukturierten Daten, wie beispielsweise Prozesse innerhalb eines Scrum-Teams oder informelle E-Mail-gestützte Prozesse, als spannende Anwendungsfälle für den Einsatz von Process Mining diskutiert. Als konkrete Anwendungsfälle wurden zudem das Vertriebscontrolling (E-Mail, Gesprächszyklen etc.) sowie die Betrachtung von Customer Journeys (bereitgestellte Daten, Berührungspunkte der Kunden mit dem Dienstleistungsanbieter etc.) diskutiert.

Mit den identifizierten Use Cases gehen unterschiedliche Herausforderungen einher. So muss nicht nur die duale Natur von IT-Systemen begreifbar gemacht werden, sondern auch ermittelt werden, wer letztendlich von einer Prozessverbesserung mittels Process Mining profitieren soll. Zusätzlich treten in den genannten Anwendungsfällen semi-strukturierte Daten auf und es ist ein hoher Grad an mündlicher und somit meist undokumentierter Kommunikation zu finden. Hierbei besteht die Herausforderung darin, diese Daten überhaupt erst auswertbar zu machen, wodurch die Anwendung von Process Mining erschwert wird. Zusätzlich sollte darauf geachtet werden, dass der Einsatz von Process Mining in kreativen Prozessen nicht zu Einschränkungen führt. Weiterhin sollten Datenschutzrichtlinien sowie Betriebsvereinbarungen und die Kultur des Unternehmens berücksichtigt und bei der Verwendung von Process Mining mit einbezogen werden.

Handlungsbedarfe für den weiteren Einsatz von Process Mining in Industrieunternehmen

Aus den genannten Anwendungsfällen und Herausforderungen wurden anschließend Handlungsbedarfe abgeleitet. Unterschiedliche Transferformate, wie beispielsweise Webinare, Hands-On-Workshops oder auch ein Roundtable zum Austausch, wurden in diesem Zusammenhang diskutiert. Darüber hinaus wurden Info-Veranstaltungen sowie Einführungs- und Aufklärungsveranstaltungen für bestimmte, nicht-prozessorientierte Branchen angesprochen. Mit den Teilnehmenden dieser Veranstaltungen soll im Nachgang diskutiert werden, welche Vorteile der Einsatz von Prozessen und Geschäftsprozessmanagement mit sich bringen und wie Process Mining dort nutzenstiftend eingesetzt werden kann. Zum Abschluss des Workshops wurden die Ergebnisse zusammengefasst und gemeinsam diskutiert sowie ein Ausblick auf aktuelle Entwicklungen im Bereich Process Mining gegeben.

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