Intelligente Selbstdiagnose für Wäschetrockner: Wie Miele mit KI die Verstopfung von Flusensieben vorhersagen will

Die Verstopfung des Flusensiebs im Wäschetrockner kann zu längeren Trockenzeiten, einem erhöhten Energieverbrauch und sogar zu Beschädigungen am Trockner führen: Um dies zu verhindern, arbeitet Miele, Hersteller von Haushalts- und Gewerbegeräten, im it’s OWL Projekt ‚AI4ScaDa‘ an einem datenbasierten Modell zur Vorhersage der Verstopfung und einer KI-getriebenen Fehlerdiagnose. Neben dem Anwendungsfall bei Miele werden in Use Cases der Unternehmen GEA Westfalia Separator Group und Saaten-Union Biotec konkrete KI-Lösungen für Small-Data-Anwendungen, insbesondere für Scarce Data (spärliche Daten), entwickelt.

Die Firma Miele & Cie. KG ist ein deutsches Familienunternehmen und weltweit führender Anbieter von Premium-Elektrohausgeräten für die Bereiche Küche, Wäsche und Bodenpflege. Des Weiteren werden Waschmaschinen, Trockner und Geschirrspüler für den gewerblichen Einsatz sowie Geräte zur Aufbereitung von medizinischen Instrumenten und Laborbedarf produziert und vermarktet.

Neben der Technologie- und Qualitätsführerschaft in ihrem Bereich zeichnet sich die Miele & Cie. KG durch einen hervorragenden Kundendienst aus, der durch eine steigende Komplexität und Variantenzahl produzierter Geräte vor immer neuen Herausforderungen steht.

Darum entwickelt Miele Geräte mit Selbstdiagnose

Zur Unterstützung des Kundendienstes, der Verbesserung der User Experience und der langfristigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit werden unter anderem im Bereich ‚Smart Home‘ intelligente, datengetriebene Geräte mit der Fähigkeit zur prädiktiven Selbstdiagnose entwickelt.

Im Projekt ‚AI4ScaDa‘ erforscht Miele am Beispiel von Wäschetrocknern wie eine KI-getriebene Fehlerdiagnose gelingen kann. Dafür stehen dem Projektteam unterschiedliche Datenquellen aus Dauerversuchen und Endkundenhaushalten zur Verfügung.

Für die Herstellung qualitativ hochwertiger, langlebiger Produkte, werden die Haushaltsgeräte in Dauerversuchslaboren des Unternehmens erprobt. Hierbei wird eine Langzeitnutzung von 20 Jahren und länger durch eine definierte Anzahl zu erprobender Betriebsstunden, Waschgänge, etc. simuliert, die in Form von Zeitreihen (Sensordaten) und Versuchsberichten abgespeichert werden.

Dem gegenüber stehen hauptsächlich eventbasierte Zeitreihen und Fehlerberichte aus Test- und Endkundenhaushalten, die einen Aufschluss über die tatsächliche Nutzung der Geräte bieten.

Die Lösung skizziert: Im Use Case von Miele des Projekts ‚AI4ScaDa‘ wird geforscht, wie eine KI-getriebene Fehlerdiagnose von Wäschetrocknern, trotz unterschiedlicher Datenquellen gelingen kann.

Was soll mit KI bei der Selbstdiagnose von Haushaltsgeräten erreicht werden?

Im Rahmen des Projekts wird ein spezifischer Fehlerfall betrachtet, der bei der Nutzung von Wäschetrocknern auftritt: Die Verstopfung der Flusensiebe durch Textilfasern, die sich während der Trocknungsvorgänge anreichern. Zum einen soll durch Methoden des überwachten Lernens ein datenbasiertes Modell zur Vorhersage der Verstopfung geschätzt werden, womit eine modellbasierte Selbstdiagnose im Haushaltsgerät erprobt werden kann.

Diese Modelle versprechen nicht nur die Verbesserung der Haushaltsgeräte, sondern auch einen nachhaltigeren Umgang mit Energie. Durch Methoden des unüberwachten Lernens soll zum anderen ein Vergleichsmodell generiert werden, mit dem evaluiert werden kann, wie die Dauerversuche zukünftig die reale Nutzung beim Kunden abbilden können. Bisher werden in den Dauerversuchslaboren überwiegend mechanische Belastungstests erprobt.

Außerdem stellt Miele zusätzliche Zeitreihen aus End-Of-Line-Tests von Motoren zur Verfügung, anhand derer zusammen mit den Daten aus den Wäschetrocknern ein generalisiertes Konzept zum Lernen auf Zeitreihen (Blaupause) generiert werden soll.

Was sind die Herausforderungen bei Miele?

In den Dauerversuchen und Kundenhaushalten werden zwar viele Daten generiert, die jedoch entweder eine niedrige Datenvarianz oder -qualität aufweisen. Die Daten aus den Dauerversuchen werden unter streng kontrollierten Bedingungen erhoben und haben folglich eine hohe Datenqualität.

Weil immer dieselben oder ähnliche Trocknungsprogramme in den Dauerversuchen ausgeführt werden, besitzen die Daten jedoch eine geringe Varianz. Dem gegenüber stehen die Daten aus den Kundenhaushalten, die zwar eine hohe Varianz aufweisen, jedoch nicht unter kontrollierten Bedingungen erhoben werden. Viele äußere Faktoren, die die Daten beeinflussen, können nicht erfasst werden.

Zudem können Fehlerfälle beim Endkunden nicht immer eindeutig identifiziert werden. Folglich besitzen Daten aus den Endkundenhaushalten eine hohe Unsicherheit und damit einhergehend eine niedrigere Datenqualität.

Eine weitere Herausforderung besteht in der Fusion der zwei unterschiedlichen Datenquellen, da beide Datenquellen a) unterschiedlich abgetastet werden und b) teilweise unterschiedliche Informationen repräsentieren. Zudem treten Fehlerfälle in den Daten vergleichsweise selten auf und die Transition von einem sauberen zu einem verstopften Flusensieb ist nicht eindeutig definiert.

Kurz erklärt: Das it’s OWL Projekt ‚AI4ScaDa‘

Im it’s OWL Innovationsprojekt ‚AI4ScaDa‘ werden spezielle KI-Methoden erforscht, die im Kontext von Scarce Data gewinnbringend eingesetzt werden können. Im Gegensatz zu Big Data steht Scarce Data für wenige oder lückenhafte aber häufig präzise Daten. Herausforderungen bestehen aber gerade darin, dass KI-Systeme sowohl stark von der Qualität als auch von der Quantität der Daten abhängen. Wo nur sehr spärliche Daten vorhanden sind, kann eine Großzahl der KI-Verfahren nur schwer mit menschlicher Expertise mithalten. Aktuelle Erkenntnisse bezüglich KI und Scarce Data werden im Projekt auf drei Use-Cases der Unternehmen Saaten-Union Biotec GmbH, GEA und Miele & Cie. KG weiterentwickelt, transferiert und operationalisiert. Forschungsseitig arbeiten das Center for Applied Data Sciences (CfADS) der HSBI und das Institut für industrielle Informationstechnik (inIT) der TH OWL im Projekt.

Mehr zum Thema „Aus unseren Projekten“